die Chronik zu Jahren 1913 bis 1925
Die Chronik der K.G. Alt-Köllen vun 1883 e.V.
Von Frank Tewes
Fast zwangsläufig fusionierten beide Gesellschaften, die inzwischen drei Jahrzehnte bestanden, im Jahr 1913. Hehre Pläne hatten sie damals im Mai: Eine eigene „Bürgergarde” gründeten sie. Staatse Kääls in Uniformen waren das, die in den „Kampf gegen Griesgram und Muckertum” geworfen wurden. Die Gesellschaft trug damals den Bandwurm-Namen „Vereinigte Carnevalsgesellschaften Aehnze Kähls und Alt-Cöllen von 1883 – Bürgergarde Kölner Bürgerwehr e. V.”. 1914 wurde noch mit einem beeindruckenden Programm gemeinsam Karneval gefeiert. Die „Kölner Bürgerwehr” gab sich dabei übrigens betont militärisch. Die Beschreibungen der einzelnen Veranstaltungen klingen knapp hundert Jahre später ausgesprochen martialisch: Man traf sich beispielsweise zum „Appell mit sämtlichem Gepäck, Kompanie-Einteilung, Übungsschießen”, auch ging es hinaus zur „Felddienst-Übung” auf die Butzweiler Wiesen unter Beteiligung des Amazonenkorps. Und als man zum Bombardement gegen die Festung „Duckmüser” aufrief, dachte wohl kaum jemand daran, dass nur wenig später tatsächlich die Bomben fallen sollten.
Erster Weltkrieg setzte dem Gardisten-Treiben ein jähes Ende
Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs (1914-1918) hatte auch das jecke Gardisten-Treiben schnell ein Ende, und es erlebte – zumindest bei Alt-Cöllen keinen Neuanfang mehr. Das war schon tragisch, denn mit dem engagierten Josef Rohé, der geradezu besessen von Karneval und Geselligkeit war, hatte die Gesellschaft einen Mann an der Spitze, der das Brauchtum praktisch ganzjährig lebte. Schon als Schüler der Realschule Kreuzgasse hatte Rohé eine Karnevalsgesellschaft mit Namen „Hück sin mer all jeck” gegründet. Dieses geschah in der Streitzeuggasse in der Wirtschaft „Rottländer”. Als der Ordinarius der Schule dahinterkam, musste die „Gründung” schleunigst liquidiert werden. Als Besitzer eines kölschen Restaurants in der Herzogstraße 35, das gleichzeitig eine Brennerei besaß, hatte Rohé im oberen Stockwerk die Wände durchbrechen lassen. So war ein Sälchen für 120 Personen entstanden, in dem er alle seine Freunde unterbringen konnte, um mit ihnen außerhalb der Karnevalssession „löstig” zu sein. Dieser Kreis namens „Ritterbund” traf sich von Aschermittwoch bis zum Elften im Elften regelmäßig. Ganz in der Nähe tagte seine Gesellschaft, die KG Aehnze Kähls in der althistorischen kölschen Brauerei „Im Örtchen”, Ehrenstraße 71a. Jeden Sonntag (!) kam der Vorstand zwecks Besprechung und Entgegennahme von Reden und Liedern sowie zur Ausgabe von Mitgliedskarten zusammen. Die kosteten übrigens damals gerade mal neun Mark – und beinhalteten Damenkarten sowie eine Vereinsmütze.
Nach dem Krieg suchte der gestaute Lebenshunger der Bevölkerung einen Ausgleich zu den harten Lebensverhältnissen. Auf dem Neumarkt standen am Rosenmontag 1919 statt des Zuges die von der englischen Besatzung als Beute zusammengebrachten deutschen Heeres-Lastkraftwagen und bildeten eine dicht geschlossene Wagenburg, die freilich niemand froh machen konnte. Da horchten die englischen Wachtposten plötzlich auf: Aus den Gassen südlich des Neumarkts – um St. Mauritius und St. Peter – drangen plötzlich eigenartige Töne. Und dann brach es aus der Fleischmengergasse hervor: ein Rosenmontagszug von einigen tausend Kindern, der den Neumarkt umzog und bei dem Mundharmonikas die Trompeten und Mutters Waschkessel die Trommeln ersetzten. Die meisten dieser Kinder kannten den Karneval nur aus den Erzählungen ihrer Väter und Mütter, sie waren schlecht angezogen und ausgehungert. Aber das alles vergaßen sie mit leuchtenden Augen. Ein Anfang war gemacht. Das „Ajuja” weckte ein wenig Hoffnung und Lebensfreude.
Im Laufe des Jahres 1919 fanden sich die Karnevalisten in Form von Stammtischen wieder zusammen. Doch weil die städtischen Behörden und die Besatzungsmacht dem Karneval ablehnend gegenüberstanden, dauerte es bis 1921, dass heimliche kleine Fastelovendsveranstaltungen unter dem Deckmantel von „Bunten Abenden” gefeiert wurden. Die ersten offiziellen Karnevalssitzungen nach dem Ersten Weltkrieg gab es erst wieder im Jahr 1925.