die Chronik zu Jahren 1989 bis 1995
Die Chronik der K.G. Alt-Köllen vun 1883 e.V.
Von Frank Tewes
Seit 1989 steht nun der KG Alt-Köllen Hans Brocker als Präsident vor. Lange Jahre hatte er bereits im Vorstand mitgearbeitet – 1964 war er bereits Mitglied der Gesellschaft und hatte sich seitdem vom erweiterten Vorstand zum zweiten und später zum ersten Vorsitzenden „emporgearbeitet”. Eine gewisse „Moderationserfahrung” hatte der Fastelovends-Idealist in jahrelanger Präsidententätigkeit bei der Sitzung des Allgemeinen Bürgervereins Zollstock mitgebracht.
Für ihn und seine Mannschaft kam es schon nach kurzer Zeit zu einer ersten Bewährungsprobe, in der schwer wiegende Entscheidungen zu treffen waren: Als am 17. Januar 1991 der Golfkrieg begann und kurz darauf das karnevalistische Treiben in Form von öffentlichen Veranstaltungen praktisch zum Erliegen kam, standen die Sitzungen, der Paprikaball und die Teilnahme am Rosenmontagszug unmittelbar bevor. Wie bei vielen anderen Gesellschaften waren auch bei der KG Alt-Köllen bereits erhebliche Aufwendungen aufgebracht worden – weitere finanzielle Verbindlichkeiten wären bei einer Absage der Veranstaltungen unvermeidlich auf den Verein zugekommen. Andererseits hatten schon andere Gesellschaften auf den wachsenden öffentlichen Druck hin ihre Veranstaltungen abgesagt. Die KG Alt-Köllen entschied sich gegen eine Absage und feierte ihre Saalveranstaltungen. Die zustimmende Haltung des zahlreich erschienenen Publikums bestätigte diese Auffassung. Einen kleinen karnevalistischen Nachschlag gönnte sich in diesem denkwürdigen Jahr 1991 übrigens der Senat im Oktober mit einem Besuch in Münster. Dort gibt es ein Karnevalsmuseum, das seit diesem Besuch im Besitz einer originalen Alt-Köllen-Senatoren-Litewka ist. Der damalige Senatspräsident Friedel Emons stiftete sein „zu spack” gewordenes „Jugend-Kostüm” und brachte es persönlich nach Münster – zusammen mit einer 50-köpfigen kölschen Delegation.
Bald schon galt es, das nächste Jubiläum tatkräftig vorzubereiten. Die Session 1993/94 sollte im Zeichen des 111-jährigen Bestehens der Gesellschaft stehen. Früh wie selten, nämlich am 9. Oktober 1993 erfolgte der Start in die neue Session mit einer „Brasilianischen Nacht” im Hotel Maritim. Ein ausverkauftes Haus und ein dem Motto entsprechend dekorierter Ballsaal bildeten den festlichen Rahmen für eine rauschende Ballnacht. Der Star des Abends, Schlagersänger Roberto Blanco, trieb die Begeisterung auf den Höhepunkt. Spätestens aber knapp drei Wochen später hatte die Vorfreude auf die jecke Jubiläumssession alle Mitglieder von Alt-Köllen endgültig erfasst: Am 26. Oktober 1993 verkündete nämlich Präsident Hans Brocker, dass die KG erneut das Kölner Dreigestirn stellen wird.
Die Glücklichen waren Prinz Ralf I. (Cremer), Bauer Reinhold (Masson) und Jungfrau Herwiga (Herwig Bartsch). Auf sie wartete eine der anstrengendsten Sessionen mit fast 400 Auftritten. Nicht ganz „unschuldig” am Trifoliums-Terminstress war natürlich die eigene KG, die es zum jecken Jubelfest natürlich ordentlich krachen ließ. Schon die traditionelle Auftaktparade zum Sessionsstart war ein wahres Marathonspektakel, das aus Varieté und Karnevalsprogramm bestand. Höhepunkt war die jährliche Verleihung der „Goldenen Mütze”, die an das Ensemble des Hänneschen-Theaters ging. Eine würdige Wahl, für die sich auch die Anschaffung zweier Mützen rechtfertigen ließ: Eine Mini-Ausgabe des Ehrenzeichens bekam das „Hänneschen” selbst, das am Stock von Puppenspielerin Uschi Hansmann auf die Bühne geführt wurde. Die große Variante nahm stellvertretend für das Ensemble Intendant Heribert Malchers entgegen. Die Laudatio hielt übrigens der damalige Philharmoniechef Franz-Xaver Ohnesorg. Bei dieser Parade wagten sich übrigens die Elferratsmitglieder als „Schauspieler” auf die Bühne und stellten in einem vergnüglichen Einakter die 111-jährige KG-Historie dar. Neben Gala- und Prunksitzung sowie dem Paprikaball gab es außerdem drei Nümaat-Sitzungen. „Die dritte Sitzung ist unser Jubiläumsgeschenk an die Mitbürger”, sagte damals Wolfgang Kaup. Eine Ausstellung zur Geschichte der Gesellschaft fand zudem in der Bickendorfer Geschäftsstelle der Stadtsparkasse an der Venloer Straße statt. Einen Empfang zur Eröffnung umrahmte der Musikzug der Domstädter sowie der Quartettverein Longerich.
Beendet wurde die Jubiläumssession mit der mittlerweile traditionellen Familienfahrt – und hier hatten sich die Organisatoren etwas Besonderes einfallen lassen. Es ging auf den Drachenfels, wo die kölschen Jubilare auf zwei weitere trafen: zum einen die Drachenfelsbahn, die genauso alt wurde wie die KG, und zum anderen Mitglieder und Vorstand der Großen Königswinterer Karnevalsgesellschaft – ebenfalls 111 Jahre alt. Die 120-köpfige Kölner Delegation und die Gastgeber im Siebengebirge bildeten eine große Gruppe, die noch dazu fröhlich rheinisches Liedgut anstimmte und so natürlich bei den Touristen für großes Aufsehen sorgte.
Im September 1995 wurde der geistliche Betreuer, Ehrenmitglied und Ehrensenator der Gesellschaft, Prälat Manfred Melzer – immerhin schon mit päpstlichem Segen ausgestattet – zum Weihbischof ernannt. Im Oktober 1995 bekam die Gesellschaft endlich eine eigene Vereinsadresse, die von vielen Mitgliedern schon lange gewünscht wurde: In der Taubengasse 1 nahe der Wolkenburg eröffnete die KG Alt-Köllen ihre mittlerweile modern ausgestatte Geschäftsstelle. Hier befinden sich zudem die Kartenstelle und das Archiv. In großartiger Eigenleistung wurde gezimmert und gehämmert, bis eine repräsentative Heimstatt für interne Mitgliedertreffen geschaffen war. „Das war ein einschneidender Meilenstein in meiner Amtszeit bei der Alt-Köllen – Mark für Mark haben wir damals zusammengetragen und zudem unglaublich viel handwerkliche Energie aufgewendet, um das Eigenheim zu realisieren”, erinnert sich dazu Präsident Hans Brocker.